23.09.2010

Eßlinger Zeitung 20.9.2010

Ein Jahr Druckzeit für ein Bild

FILDERSTADT:

Erste Einblicke in die Sammlung

Domberger - Der Siebdrucker war die „dritte Hand“ des Künstlers

Farben und Formen waren in der Druckerei Domberger immer Thema Nummer eins - das zeigen die ausgestellten Werke. Foto: Ait Atmane

Von Karin Ait Atmane

Kein anderes Druckverfahren erzielt so satte Farben wie der Siebdruck. In Filderstadt ist ein Unternehmen zu Hause, das wegweisend für den künstlerischen Siebdruck war. Luitpold Domberger und sein Sohn Michael waren Anlaufstelle, Berater und Drucker für berühmte Künstler von Willi Baumeister bis Victor Vasarely. Die städtische Galerie Filderstadt zeigt seit gestern einen ersten, beeindruckenden Einblick in die Domberger-Sammlung.

Bei der Vernissage war die Galerie zu klein, viele Besucher standen auf der Treppe. Die Sammlung Domberger verkörpert ein Stück Kulturgeschichte. Michael Domberger hatte sich immer wieder um Möglichkeiten bemüht, sie dauerhaft zu bewahren und öffentlich zugänglich zu machen. Ein auch für Filderstadt finanzierbarer Weg fand sich, als das Land die Sammlung kaufte und sie der Stadt zur Betreuung überließ. Diese wird im Gegenzug jährlich Geld investieren, um zu dokumentieren, zu archivieren und auszustellen. Die aktuelle Ausstellung zeigt mit mehr als 100 Exponaten einen kleinen, aber ungemein eindrücklichen Ausschnitt aus dem Bestand. Farben und Formen nehmen gefangen, wenn man die Galerie betritt. Viele der Drucke von Keith Haring, Josef Albers, Richard Hamilton und anderen, auch von Luitpold Domberger selbst, hat man schon gesehen - aber kaum in dieser Intensität. Und es gibt mehr zu entdecken als die fertigen Werke: Neben diesen stehen Farbmuster, Fotos, Briefe und Entwürfe, mit Filzstift auf kariertes Heftpapier gezeichnet oder mit den Anweisungen des Künstlers versehen. Sie lassen ahnen, welche wichtige Rolle der Drucker in diesem Schaffensprozess spielte. Mit Anmerkungen wie „Grün heller, kalt aber nicht zu bläulich“ - von Max Bill an den Rand einer Vorlage geschrieben - musste er klarkommen. Der Drucker sei die „dritte Hand“ des Künstlers gewesen, sagte Albrecht Weckmann, Leiter der Kunstschule Filderstadt: „Durch die enge Zusammenarbeit entstanden bemerkenswerte Werke und wertvolle Freundschaften.“

Nicht mehr bezahlbar

Beim Siebdruck werden die Farben nicht durch Rasterpunkte gemischt, sondern einzeln aufgetragen. Folglich sei „jemand den ganzen Tag am Farbmischen“ gewesen, erzählte Michael Domberger den Besuchern. Davon zeugt ein großes Sieb mit Farbvierecken in vielen Nuancen.

212 verschiedene Farben stecken zum Beispiel im Werk „D-Train“ von Richard Estes. „Da hat eine ganze Mannschaft ein Jahr lang gedruckt“, sagte Domberger, „das wäre heute fast nicht bezahlbar.“

Luitpold Domberger war 1949 auf die Siebdruck-Technik aufmerksam geworden. Wenig später begegnete er Willi Baumeister, der sich ebenfalls in ihren Bann ziehen ließ und druckte für ihn wesentliche Teile seines Werks. Später zog Domberger von Stuttgart nach Bonlanden, dann nach Plattenhardt. Seinem Sohn Michael, der das Unternehmen übernahm, ist die umfassende Sammlung zu verdanken: Es heiße, dass er sogar aus dem Papierkorb Schnipsel geborgen habe, sagte Oberbürgermeisterin Gabriele Dönig-Poppensieker bei der Eröffnung der Ausstellung.

Die städtische Galerie im Bürgerzentrum Bernhausen hat freitags und samstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet, sonntags von 11 bis 17 Uhr. Die Ausstellung ist bis 10 Oktober zu sehen