21.07.2015

27. Online-Ausstellung · Horst Scheffler

Horst Scheffler: Warum Kunst das Leben künstlich machen muss

 „So wird Kunst mit jedem Tag wirklicher, der unser Leben künstlicher macht“, sagt der 1935
geborene Horst Scheffler, der zunächst eine Tischlerlehre absolvierte und danach
Werkkunstschulen in Hanau und Hamburg besuchte, bevor er sein erstes
Künstlerstipendium gewann.

Scheffler stellte seit den 1960er Jahren das Thema  Energie in den Mittelpunkt seines
Bildschaffens. Entsprechend begann er, seine Motive nach Kriterien wie Nähe und Ferne,
wie Bewegung und Statik zu analysieren, um aus dem gedanklichen Substrat ein Kunstwerk
entstehen zu lassen, das nichts mit der figürlichen Wirklichkeit zu tun hat.

Scheffler vertritt als Künstler die Position, dass Kunst keine Kopie von Wirklichkeit sein darf,
sondern dass sie viel tiefer gehen und neue gedankliche Räume eröffnen muss, die ohne
den Impulsgeber Kunst brach lägen.

Horst Schefflers konstruierte Raum-Bilder haben bis heute nichts an ihrer Gültigkeit verloren,
sondern  sind sogar topaktuell, weswegen wir sie in unserer Online-Ausstellung würdigen
wollen.

Schefflers bei Domberger im Jahr 1970 gedrucktes Portfolio „HSp 21“ ist der Prototyp einer
Kunst, die der flüchtigen Realität misstraut und die hohe Konzentration erfordert. Es ist dies
eine Kunst, die den Betrachter über Jahre begleitet, die niemals „fertig geschaut“ ist, sondern
derart subtil aufgebaut und komponiert ist, dass man ihr nur durch nachhaltiges Betrachten
gerecht werden kann.

Scheffler zählt sich zu einem Vertreter der konkret-konstruktiven Kunst, deren Anhänger
geistige Inhalte materialisieren und keinerlei Symbolsprache zulassen. „Denn nichts ist
konkreter, wirklicher, als eine Linie, eine Farbe, eine Oberfläche …“, lautet einer der
Leitsätze der konkreten Kunst, den Theo van Doesburg im Jahr 1930 verfasst hat.

Struktur, Denken und technische Perfektion stehen im Mittelpunkt dieser Kunst. So behalten
diese Kunstwerke des 20. Jahrhunderts nicht nur bis heute ihre Gültigkeit, sondern behaupten
sich programmatisch und stehen für einen ästhetischen Imperativ des 21. Jahrhunderts.

Hort Scheffler will mit seiner Kunst das Leben künstlicher machen, damit wir die Vielzahl
banaler Momente in unserem Alltag besser aushalten bzw. ausblenden können.

Nichts anderes versuchte auch Oscar Wilde, wenngleich mit vollkommen anderen
stilistischen Mitteln. So schrieb er: „Die Kunst sollte aber niemals versuchen, volkstümlich zu
sein. Das Publikum sollte vielmehr versuchen, künstlerisch zu empfinden. Das ist ein sehr
großer Unterschied.“


In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen künstlerisch empfindsamen Sommer und wollen
Sie daher ermuntern, mit guter Kunst ihr Leben künstlicher zu machen.

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